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Mehr Holzbau in der Landeshauptstadt Innsbruck
Wikipedia definiert Urbanisierung als Verdichtung und Vergrößerung menschlicher Siedlungen. Die Nachfrage nach klimaverträglichem und leistbarem Wohnraum innerhalb der Städte steigt stetig und Werte wie Nachhaltigkeit sowie gesundes Wohnen gewinnen neben der Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz immer mehr an Bedeutung. Der Holzbau, vor allem der großvolumige Holzwohnbau, bietet sich somit als Teil der Lösung besonders an.
In der zwischen den Bergen eingebetteten Stadt Innsbruck ist der Platz für neuen Wohnraum sehr begrenzt. Umso wichtiger ist es, Baulücken effizient zu schließen, noch vorhandenen Baugrund bestmöglich zu nutzen und bestehende Gebäude aufzustocken. Im Zuge dessen müssen die Zuständigen Verantwortung übernehmen, um wertvolle Lebensräume möglichst sinnvoll und nachhaltig zu planen. Der ökologisch wertvolle Roh- und Baustoff Holz leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag, denn mit Holz lassen sich auch große Gebäude in kürzester Zeit durch genauest vorgefertigte Elemente realisieren. Deshalb setzt sich proHolz Tirol im Rahmen des EU-Projekts „Build-in-Wood“ gemeinsam mit 20 internationalen Partnern dafür ein, Holz zum gängigen Material für den Bau von mehrstöckigen Gebäuden zu machen. Neben Metropolen wie London und Kopenhagen engagiert sich auch die Stadt Innsbruck im Projekt und geht als Vorreiter-Stadt für urbanen Holzbau („Early Adopter City“) mit gutem Beispiel voran.
„Als Bürgermeister der Stadt Innsbruck sehe ich mich in der Verantwortung das Baugeschehen in der Landeshauptstadt so klimaverträglich wie möglich zu gestalten. So kommen wir eigentlich gar nicht umhin, in die zukünftigen Bauvorhaben Holz als wesentlichen Baustoff einzubeziehen“, so Georg Willi.
Herausragender Naturbaustoff
Holzbauten weisen hervorragende bauphysikalische Eigenschaften auf, die sich sowohl auf die Konstruktion als auch auf die Nutzung vorteilhaft auswirken. Holz zeichnet sich durch hohe Festigkeit und Tragkraft bei gleichzeitig geringem Eigengewicht aus. Die innere Struktur macht Holz außerdem zu einem extrem dauerhaften Baustoff. Das Bauen mit Holz findet weniger auf der Baustelle, sondern vielmehr in witterungsunabhängigen Produktionshallen statt. Die Montage am Bau erfolgt in kürzester Zeit, die Materialtransporte zur Baustelle reduzieren sich bis zu rund einem Viertel gegenüber konventionellen Bauweisen. Dadurch erfolgt der Bau lärm- und störungsarm und die zunehmend ausartende Verkehrsbelastung wird reduziert. Auch die wirtschaftliche Bedeutung eines vermehrten Holzeinsatzes ist nicht zu unterschätzen.
proHolz Tirol-Vorstandsmitglied Helmut Troger: „Bauen mit Holz kommt hochgradig der heimischen Wirtschaft zu Gute. Von der Forstwirtschaft über die Holzindustrie bis hin zur Finalbearbeitung durch Zimmerer und Tischler haben wir in Tirol eine vollständige Wertschöpfungskette. Die heimische Holzindustrie verfügt mit ihren vielen namhaften kleinen und großen Betrieben bis hin zu den Global Playern über eine hohe wirtschaftliche Schlagkraft mit tausenden Arbeitsplätzen.“
Klimafit mit Holz
Bauen mit Holz bedeutet die Nutzung eines Rohstoffs, der im Wald, der leisesten ökologischen Fabrik, nachhaltig entsteht und bei seiner Nutzung als Baustoff nur einen Bruchteil der Energie im Vergleich zu anderen Baustoffen benötigt. Gewissermaßen als `zweiter Wald´ im umbauten Raum wirkt Holz zudem als riesiger Kohlenstoff-Speicher. Die in Österreich aus Holz hergestellten Produkte vermeiden jährlich 8 Mio. Tonnen CO2. Das entspricht dem CO2-Jahresausstoß aller zugelassenen Pkw in Österreich oder 10 Prozent der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen in Österreich1. Je länger also Holz im Verwendungskreislauf gehalten wird, desto länger bleibt die durch den Kohlenstoffspeicher erzielte CO2-Senkenwirkung aufrecht. Somit ist es sinnvoll, ein Maximum an CO2 langfristig in Gebäuden aus Holz einzulagern. Deshalb machen möglichst langlebige Holzverwendungen – allen voran Bauen mit Holz – Sinn.
Holzbauanteil wächst
Österreichweit liegt der Holzbauanteil aktuell bei 24 Prozent, in Tirol sogar etwas darüber (bezogen auf die gesamten errichteten Nutzflächen im Gebäudesektor). Für die Zukunft liegen große Potentiale insbesondere im Bereich mehrgeschossiger Wohnbauten und im öffentlichen Bau. Der Holzbau hatte in diesen Segmenten in den letzten Jahren schon seine größten Zuwächse. Denn neue Bauweisen und Technologien mit flächigen Holzbauprodukten erlauben Bauen mit Holz in neuen Dimensionen.
Christian Höller, Vorsitzender der Sektion Architekten, Kammer der ZiviltechnikerInnen für Tirol und Vorarlberg: „Holz ist ein faszinierender Naturbaustoff, der nicht nur im Einfamilienhaus eingesetzt werden kann. Er eignet sich auch hervorragend für mehrgeschossige Bauten sowie Zu- und Umbauten, sowohl im ländlichen als auch städtischen Raum. ArchitektInnen sind zunehmend daran interessiert, Holz gerade auch bei urbanen Bauten verstärkt einzusetzen. Voraussetzung hierfür ist ein klares Signal der Auftraggeber, dass der Einsatz von Holz erwünscht ist. Denn die Wahl des hauptsächlich eingesetzten Baumaterials muss vor Planungsbeginn getroffen werden, um eine wirtschaftliche Planung zu ermöglichen.“
„Wer wirtschaftlich bauen und damit langfristig erfolgreich sein möchte, denkt bei der Errichtung von Gebäuden nicht nur kurzfristig bis zur Übergabe an den Kunden, sondern bezieht die langfristige Kostenentwicklung von den Planungs- und Errich-tungskosten bis hin zu den Erhaltungsaufwendungen und den Rückbaukosten mit ein. Dadurch zeigen sich neben den nicht von der Hand zu weisenden technischen und ökologischen Vorteilen des Holzbaus vor allem baubetrieblich, bauwirtschaftlich sowie bauvertraglich langfristig äußerst positive Auswirkungen“, so der Experte Jörg Koppelhuber, Zivilingenieur für Wirtschaftsingenieurwesen – Bauwesen und langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Graz. „Der Holzbau ist für das Bauen der Zukunft prädestiniert, da durch die adäquate Vorplanung und durchdachte Produktion negative Überraschungen während des Bauprozesses vermieden werden und damit langfristige Planungs- und Finanzie-rungssicherheit bei höchster Qualität gegeben ist. Das ist letztlich das Ziel eines jeden Auftraggebers bzw. Kunden“, führt Koppelhuber weiter aus. „Überdies“, so Koppelhuber „sind die wahren Preistreiber beim derzeitigen Bauen unter anderem die Kosten für Haustechnik uns sonstige Gebäudeausstattung, die wiederum unab-hängig vom Baumaterial sind.“
Obwohl sich die Entwicklung hin zum großvolumigen Holzbau bereits abzeichnet, sind diesbezüglich noch einige Hindernisse zu überwinden: fehlende Standardisierung, Fachkräftemangel, mangelnde Erfahrung mit Holz bei Entscheidungsträgern. Im Zuge des Green Deals der EU, der Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen soll, wird die Verwendung von erneuerbaren Rohstoffen im Bausektor unabdingbar werden.
„Der Holzbau hat sich in den letzten Jahrzehnten, nicht zuletzt auch durch die Weiterentwicklung baurelevanter Holzwerkstoffe, wie Brettsperrholz, enorm entwickelt. Ob kleine oder große Bauten – die heimischen Holzbaubetriebe verfügen über ein enormes Know-how bei Planung und Projektierung, Produktion und Montage sowie bei der notwendigen Logistik“, zeigt der Tiroler Holzbauexperte Wolfgang Saurer auf.
Bild 1_©renderwerk.at:
Tirols größter Holzwohnbau „Naturquartier Weißache“ in Kufstein mit fünf Stockwerken in Massivholzbauweise befindet sich derzeit im Bau.
Bild 2_© Paul Ott
Auf dem Areal der ehemaligen Hummelkaserne in Graz wurde eines der jüngsten und bislang größten Wohnbauprojekte aus Holz in Österreich realisiert. Der Wohnbau umfasst 4 jeweils 6-stöckige Holzgebäude mit insgesamt 92 Wohnungen.
Bild 3: ©Die Fotografen:
v.l.: DI Rüdiger Lex, Helmut Troger, Wolfgang Saurer, DI Dr. techn. Jörg Koppelhuber, DI Christian Höller und Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi sind sich einig: Innsbruck braucht mehr Holzbauten.